27.11.24

Grosse Namen, Grosse Emotionen

Benedikt Stampa über das Festspielhaus-Programm 2025

Herr Stampa, 2024 sprachen Sie von einem „Baden-Badener Weg“ in der Programm-Entwicklung. Sind Sie ein Stück weitergekommen auf diesem Weg? 

Absolut. 2025 werden unsere Festivals im Profil geschärft sein, wir vertiefen neue Freundschaften und „verwandeln“ das Haus hier und überraschend. Alles in allem bieten wir noch mehr Vielfalt, erinnern an die große Musikgeschichte der Stadt und nehmen unsere Verantwortung in rauen Zeiten wahr.

Was bedeutet das? Wird es politischer im Festspielhaus?

Ja und nein. Unsere „Politik“ gilt der Kunst. Wir möchten das musikalische Erbe von Generationen erhalten, pflegen und international zum Diskurs stellen. Nur so vermeiden wir, provinziell zu werden. Und wir stärken der Kunst dort den Rücken, wo sie ganz akut gefährdet ist. Die Einladung an das Ukrainische Nationalballett für Dezember 2025 darf ruhig so verstanden werden.

 

Gehört der Abschied von den Berliner Philharmonikern 2025 auch zu Ihren heiklen „politischen Missionen?

Nur nicht übertreiben, bitte. Es geht um die Musik, um nicht mehr und um nicht weniger. Der Abschied vollzog sich eigentlich schon vor zwei Jahren, damals waren wir über den Zeitpunkt erstaunt, aber nicht wirklich überrascht. Einige der Berliner Philharmoniker hat es immer wieder nach Salzburg zurückgezogen. Andere haben sich bei uns sehr wohlgefühlt. Wir gehen in Freundschaft nun zu Ostern unterschiedliche Wege. Aber es wird ein Wiedersehen und ein Wiederhören in Baden-Baden geben. Das Osterprogramm 2025 darf als „Abschluss-Feuerwerk“ nach 13 schönen Jahren verstanden werden. Ich freue mich so darauf und auf die Brücken, die wir ins Jahr 2026 bauen. Der junge Star-Dirigent Klaus Mäkelä ist ein Botschafter der „neuen Osterfestspiele“, ebenso wie die Dirigentin Joana Mallwitz.

 

Was gibt es darüber hinaus Neues?

Wo soll ich anfangen … Wir veranstalten erstmals mit der Stadt und dem Kurhaus eine sommerliche Open-Air-Gala vor dem Kurhaus (So., 29. Juni 2025). Das ist neu und spektakulär. Wir verwandeln das Festspielhaus mit dem Bayreuther „Jahrhundert-Ring“ von 1976 und einer Dokumentation über die Dirigentin Joana Mallwitz („Momentum“) in ein Riesen-Kino. Das sollte man auch mal erlebt haben. Neu ist vor allen Dingen unsere Opern-Zusammenarbeit mit dem wunderbaren Dirigenten Iván Fischer und seinem Budapest Festival Orchestra. Das ist Weltklasse – und wir starten mit Mozarts „Don Giovanni“ in das neue Winter-Festival.

 

Das Festspielhaus Baden-Baden steht für die ganz großen Namen …

… und sie werden auch kommen. Cecilia Bartoli, Lang Lang, Jonas Kaufmann, Andreas Schager, Jonathan Tetelman, Daniel Hope, Lisette Oropesa, Daniil Trifonov, Andris Nelsons, Yannick Nézet-Séguin, John Neumeier. Erfahrene Stars treffen junge Himmelsstürmer – das wird ein festlicher Jahrgang, dieses Programm.

 

Sie sprachen von der Musikgeschichte Baden-Badens. Welche Kapitel schlagen Sie 2025 auf?

Pierre Boulez, der große Musikdenker, -komponist und Dirigent des 20. Jahrhunderts lebte 60 Jahre hier in unserer Nachbarschaft, und er ist in Baden-Baden begraben. Seinen 100. Geburtstag zu feiern ist Ehren(Bürger)sache. Wir haben weltweit das umfangreichste Festprogramm. Höhepunkt: Die Pfingstfestspiele 2025, in deren Rahmen der Komponist und Dirigent groß gefeiert wird. Los geht es aber mit einem Bürgerfest bei freiem Eintritt am Boulez-Geburtstag (26. März 2025). Unbedingt vormerken und rasch Karten dafür sichern!

 

Pierre Boulez steht für das 20. Jahrhundert. Blicken Sie auch weiter zurück?

Ganz sicher. Im 19. Jahrhundert galt Baden-Baden als „Sommerhauptstadt Europas“ – nicht zuletzt wegen der großen Zahl an Künstlerinnen und Künstlern, die den Sommer hier verbrachten. Im Rahmen der Herbstfestspiele erinnert Thomas Hengelbrock an Pauline Viardot-García. Sie galt als eine der besten Sängerinnen des 19. Jahrhunderts und wurde auch eine bedeutende Musikmanagerin – eine starke Frau und ebenfalls eine Wahl-Baden-Badenerin.

 

Natürlich müssen Sie das Gesamtprogramm empfehlen. Aber gibt es auch persönliche „Highlights“ des Intendanten?

Ich rede nicht lange drum herum. „Madama Butterfly“ mit den Berliner Philharmonikern, Yannicks „Mozart-Requiem“ im Sommer und das „Nijinsky“-Ballett von John Neumeier, der Baden-Baden so liebenswürdig in sein Herz geschlossen hat. Und dann werde ich täglich das neue Takeover Festival Ende Januar/Anfang Februar 2025 besuchen. Ich möchte lernen, wie die nächste Generation Konzertbesucher „tickt“ und mit ihr feiern. Das sollten wir alle tun.